Hand aufs Herz – was kaufen Sie alles online?
Schon längst hat sich das Konsumverhalten so ausgerichtet, dass Kunden ihre Wünsche bequem über das Internet realisieren. Von Lebensmitteln über Möbel, Kleidung, Reisen oder Dienstleistungen wie das Aufnehmen von Online-Krediten – fast alles lässt sich heutzutage mit wenigen Klicks bestellen.
Kein Wunder, dass die Digitalisierungswelle unaufhaltsam voran rollt. Immer mehr Unternehmen weltweit beschäftigen sich intensiv damit, wie sie ihre Produkte online präsentieren und verkaufen können. Wer also wettbewerbsfähig bleiben möchte, der muss innovative Strategien für die digitale Transformation des eigenen Geschäftsmodells finden.
Das bringt selbst konservative Branchen, die mit ihrem Vertrieb seit Jahrzehnten stark auf den persönlichen Kontakt zu ihren Kunden setzen, in Zugzwang. Das betrifft Schwerpunkte wie das Wohnen, Gesundheit und auch die persönliche Vorsorge. Der Versicherungssektor gehört zu einem der größten Wachstumsmärkte im Rahmen der Digitalisierung.
Wie ein neues Kaufverhalten die Versicherungsbranche zum Umbruch zwingt
Über viele Jahre hinweg war es üblich, innerhalb der Familie oder des Bekanntenkreises einen Vermittler des Vertrauens zu haben. Dieser nahm sich aller Vorgänge rund um das Thema Versicherungen an und stand für Fragen in persönlichen Beratungsgesprächen zur Verfügung. Das selbstständige Studieren oder gar Prüfen der dabei unterbreiteten Angebote war durch fehlende Transparenz und die Unkenntnis der Interessenten nur bis zu einem gewissen Grad möglich.
Der Abschluss einer Versicherung war somit für lange Zeit ein Prozess, der sich mitunter über mehrere Termine hinziehen konnte und der zu großen Teilen auf der persönlichen Beziehung, vielleicht sogar Abhängigkeit zu einem Berater beruhte. Doch diese Zeiten sind vorbei.
Den Grund dafür zeigt ein vergleichbares Beispiel: der Jahresurlaub. Selbiger wurde über viele Jahrzehnte lang im Reisebüro des Vertrauens geplant und gebucht. Das Durchblättern der bunten Kataloge war fast schon ein zelebrierter Teil der Erholung. Doch Sie ahnen sicher bereits, worauf dieses Gleichnis abzielt: Obwohl natürlich ein gewisses Stammklientel weiterhin auf die Beratung in einem Reisebüro setzt, nehmen mittlerweile vor allem jüngere Generationen die Planung von Flügen, Hotelaufenthalten und Ausflügen komplett selbst in die Hand.
Die Transparenz des Internets ermöglicht es Kunden, Versicherungen bequem von Zuhause zu vergleichen und abzuschließen – und setzt damit Versicherer unter Druck.
Das Internet macht es möglich. Kunden können sich komfortabel online informieren, Angebote vergleichen und zu günstigen Konditionen buchen, ohne dabei das Haus verlassen zu müssen. Die dabei gesammelten Erfahrungen und Vergleichswerte haben nicht nur zur Konsequenz, dass Kunden über eine gestiegene Preissensibilität verfügen. Die Digitalisierung verändert letztlich auch die Erwartungshaltung der Menschen gegenüber der Verfügbarkeit von Angeboten. Was bei Reisen, Käufen oder Bankdienstleistungen online funktioniert, das sollte auch bei Versicherungen möglich sein.
Und schon ist er da für die Versicherer – der Druck, zu handeln.
Neue Markttrends des Versicherungsvertriebs
Der technologische Fortschritt und das damit einhergehende Kundenverhalten schaffen veränderte Rahmenbedingungen für den Versicherungsvertrieb.
Diverse Studien zeigen bereits, dass sich immer mehr Menschen über das Internet informieren und offen für innovative Angebote sind. Die Customer Journey verläuft nicht mehr ausschließlich linear in einem Kommunikationsbereich.
Stattdessen ist der Prozess der Kaufentscheidung für einen immer größeren Teil der Kunden ein ständiges Wechselspiel aus…
- Online-Kontaktpunkten wie Vergleichsportale, Websites der Versicherer, soziale Medien, E-Mail-Newslettern, Kundenservice über Chat etc. und…
- Offline-Kontaktpunkten wie Makler-Gesprächen, Anrufe beim Callcenter von Versicherern etc.
Das stellt nicht nur Branchen-Neulinge wie InsureTechs, sondern vor allem alteingesessene Versicherungsunternehmen vor neue Herausforderungen:
- Die Nachfrage nach digitalen Informationsangeboten auf verschiedenen Kommunikationskanälen nimmt stetig zu;
- Aufgrund der größeren Transparenz und des leichteren Zugangs zu Details sind Kunden heutzutage besser über Preis und Leistung einzelner Versicherer informiert, was sie für eine kritische Bewertung von Angeboten sensibilisiert;
- Zusätzlich zum klassischen Vertrieb drängen rein digitale Angebote für Versicherungen auf den Markt;
- Die Zahl der Kunden, die nicht zwingend einen persönlichen Kontakt für eine Kaufentscheidung benötigt, steigt;
- Aufwendige Beratungsprozesse müssen vereinfacht werden, sodass sie sich auch digital auf transparente und ansprechende Art abbilden lassen;
- Reorganisation von internen Strukturen und Geschäftsmodellen, da der digitale Vertrieb eine andere Kosteneffizienz erfordert.
Vertriebsmodelle der Zukunft für Versicherungsunternehmen
Letztlich rückt die Digitalisierung eine wichtige Kardinalfrage in den Fokus: Wie können sich Organisationen der Versicherungsbranche zukunftsfähig aufstellen?
Auch wenn die Beantwortung dieser Frage für jedes Unternehmen einer individuellen Analyse und Strategie bedarf, so gibt es dennoch einige zentrale Ansätze und Konzepte, die als Orientierung dienen können:
Omnikanal-Präsenz
Hybride Kunden, die sowohl online wie auch offline Kaufentscheidungen treffen, werden weiter zunehmen. Entsprechend ist es von großer Bedeutung, für diese potenziellen Versicherungsnehmer auf allen Kommunikationskanälen präsent und erreichbar zu sein.
Ob sich ein Kunde zunächst auf einer Website informiert und dann bei einem Makler abschließt; oder ob sie zuerst telefonisch beraten wurde und schließlich über ein Portal ein Angebot wählt, die Interaktionsmöglichkeiten sind vielfältig.
Entscheidend ist, dass potenzielle Kunden immer den Weg zu Ihnen finden. Das heißt, Interessenten sollten nicht nur medienunabhängig die gewünschten Informationen über Ihre Produkte erhalten, sondern diese auf Wunsch auch direkt abschließen können.
Unternehmensintern bedeutet dies, dass auch Vergütungsmodelle neu durchdacht werden müssen. Schließlich sind im Omnikanalumfeld klassische Provisionsmodelle nur schwer umsetzbar, da die Vorgänge der Information, Beratung und der Kaufentscheidung stärker miteinander verzahnt sind.
Modernisierung der eigenen Infrastruktur
Um digitale Informationsangebote und Vertriebskonzepte umsetzen zu können, benötigen Sie eine dafür ausgelegte Infrastruktur. Makler, die noch mit schweren Broschüren um sich werfen und Websites im Retrolook der 80er Jahre sorgen für wenig Pluspunkte.
Der Prozess der digitalen Transformation sollte in Versicherungsbetrieben daher ganzheitlich umgesetzt werden. Ansprechende Kundenerlebnisse sind nicht allein gegeben, nur weil die IT-Abteilung die Website überarbeitet. Im Idealfall zieht sich der Umstellungsprozess vielmehr durch alle Ebenen und Prozesse. Von der Möglichkeit einer digitalen Schadensmeldung bis hin zum Berater, der für seine Präsentation ein Tablet nutzt.
Der Prozess der digitalen Transformation sollte in Versicherungsbetrieben daher ganzheitlich umgesetzt werden – dazu gehört auch der Einsatz von digitalen Medien in der persönlichen Beratung.
Ergänzend dazu bietet die digitalisierte Verarbeitung von Kundendaten neue Möglichkeiten für eine bedarfsorientierte Beratung und Vertrieb. Dazu gehören unter anderem passgenaue Angebote, die automatisiert auf Basis von Kundeninformationen erstellt werden.
Folglich ist eine Modernisierung der Versicherungs-IT unvermeidlich, welche als leistungsstarke Plattform den vielschichtigen Anforderungen von Kunden wie Mitarbeitern gerecht werden muss. Eine Investition in ein passendes Kernsystem, das die Umsetzung von End-to-End-Prozessen unterstützt, ist hierfür eine Grundvoraussetzung.
Innovative Produkte und Vertriebswege
Ein Nachteil der Versicherungsbranche ist, dass sich viele der klassischen Produkte und Dienstleistungen nicht 1:1 in digitale Form übertragen lassen. Denn die meisten Angebote sind so umfangreich und undurchsichtig, dass aus gutem Grund über viele Jahre nur eine persönliche Beratung durch den Makler das Mittel der Wahl war.
Bei der digitalen Transformation ihres Geschäftsmodells sollten Versicherer deshalb verstärkt auf die Entwicklung neuer Produkte und Vertriebswege setzen. Weg von Tradition und hin zur Innovation.
Im Zuge dessen ist zudem eine Aufweichung traditioneller Kategorien sinnvoll. Kunden unterscheiden – im Gegensatz zum Gesetzgeber – immer weniger nach klassischen Sparten wie Lebens-, Kranken- oder Sachversicherungen. Vielseitige Versicherungsmodule, die mehrere Produktkategorien gleichzeitig abdecken, treffen hier eher den Zeitgeist.
Parallel dazu ist eine stimmige Produktpräsentation vorteilhaft. Wenn Sie online wie offline klar und verständlich kommunizieren sowie durch transparente und preisgünstige Angebote überzeugen, so werden Kunden eher gewillt sein, zu interagieren.
Vor diesem Hintergrund sollte dem Aspekt der Individualisierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Versicherungsprodukte der Zukunft sind jene, die individuell orchestriert sind und sich je nach Wünschen und Vorstellungen der Kunden anpassen lassen. Die Ansprache sollte dabei möglichst über emotionale Botschaften erfolgen, damit Kunden sich besser mit den Produkten identifizieren können.
Der Vertrieb selbst kann parallel auf verschiedene Arten organisiert sein, vom Direktverkauf über Sharing- und Partner-Modelle bis hin zu Peer-to Peer-Versicherungen. Im Idealfall gelingt es dem Versicherer, einen vollintegrierten Omnikanal-Vertrieb zu etablieren, bei dem er voll auf die Bedürfnisse seiner hybriden Kunden eingehen kann.
Die Digitalisierung des Versicherungsvertriebs – Segen oder Fluch?
Spätestens seit der Corona-Krise ist in der gesamten Wirtschaft Deutschlands eines offensichtlich: Auch wenn die Digitalisierung per se kein neues Thema darstellt, so herrscht nach wie vor in vielen Bereichen Handlungsbedarf.
Doch was vor allem für traditionelle Sektoren wie dem der Versicherungsunternehmen nach einem auferlegten Fluch klingt, ist in Wahrheit ein Segen. Denn auch wenn die digitale Transformation der eigenen Geschäftsprozesse und Vertriebsstrategien ein kontinuierliches Umdenken, zusätzliche Investitionen und Mehrarbeit erfordert – es lohnt sich.
Schließlich ist und bleibt der Kunde Dreh- und Angelpunkt aller Bemühungen. Verlagert er also seine Aufmerksamkeit zunehmend auf Online-Inhalte und wünscht er neue Mittel und Wege für den Kauf von Dienstleistungen, so liegt der Ball sprichwörtlich auf der Seite des Anbieters.
Versicherer fällen mit der Digitalisierung ihres Vertriebs also eine wichtige Entscheidung: spielen sie den Ball an ihre Kunden zurück und ermöglichen so eine Partie, die alle zufrieden stellt…oder gehen sie freiwillig vom Platz?
Falls Sie vor genau jener Wahl stehen und die Unterstützung eines Beraters mit Branchenexpertise, Digitalisierungskompetenz und Überblick über den Gesamtmarkt suchen, so stehen wir Ihnen als Ansprechpartner gern zur Verfügung.